BMW 125i, Ford Focus ST, Mercedes A 250, VW Golf GTI: Kompaktsport-Duell neu aufgelegt

Sie haben akribisch gerechnet, befragt und prognostiziert: Maximal 5.000 Golf GTI trauten die VW-Vertriebsexperten 1976 ihrer Kundschaft zu. Und tatsächlich fanden sich knapp 5.000 Abnehmer. Pro Monat. Ununterbrochen. Seit 37 Jahren. In der Reihe "legendäre Fehleinschätzungen" liegt VW mit 1,9 Millionen VW Golf GTI damit knapp hinter den weisen Vorahnungen von Bill Gates – "Das Internet ist nur ein kurzer Hype" – und John Lennons Tante Mimi: "Vom Gitarrespielen kannst du nie leben."
Die Idee, einen treuen Kompakt-Kumpel zu moderatem Aufpreis in einen bösen Buben zu verwandeln, sticht Mitte der Siebziger trotz Ölkrise und autofreier Sonntage. Der Erfolgsgeschichte soll nun ein siebtes Kapitel hinzugefügt werden. Gleich zu Beginn seiner Karriere muss sich der VW Golf GTI jedoch mit hochkarätiger Konkurrenz rumschlagen: BMW 125i, Ford Focus ST und Mercedes A 250 – Erfolg lässt sich eben auch an der Qualität seiner Gegner ablesen. VW Golf GTI legt in allen Bereichen nach
Die gute Nachricht zuerst: Obwohl kein Blechteil weiterverwendet wurde, ist der VW Golf GTI auf den ersten Blick der Alte geblieben. Karogemusterte Sportsitze, Golfball-Schalthebel und rote Ziernähte sind hier kein Retro-Nippes, sondern an ihm zu Klassikern der Sportmode gereift. Nur der Lidstrich hinter dem Glas der serienmäßigen Bixenon-Scheinwerfer wirkt eine Spur zu dick aufgetragen.
Dass unter der Motorhaube des VW Golf GTI dicker aufgetragen wurde, dürfte hingegen niemanden stören: Mit 220PS leistet sein Zweiliter-Turbo exakt doppelt so viel wie der mechanisch einspritzende 1.600er anno 76. Mit Performance-Paket (1.125 Euro) sind es sogar 230PS und 350Nm Drehmoment. Der neu entwickelte Zylinderkopf beherbergt nun die wassergekühlte Abgasführung zum Turbo und beschert mit variablem Ventilhub auf Ein- und Auslassseite reibungslosen Ladungswechsel.
Entsprechend schwungvoll springt der in klassischem VW Golf GTI-Schwarz lackierte Testwagen aus dem Block, sprintet in nur 6,2 Sekunden auf Tempo 100 und trompetet leichtfüßig durchs Drehzahlband bis 250km/h. Das Performance-Paket für den VW Golf GTI enthält zudem größere und extrem fest zupackende Bremsen sowie eine Differenzialsperre. Deren Auftritt kommt spätestens am Kurvenausgang: Wenn Lader Druck machen, schieben Fronttriebler normalerweise haltlos geradeaus. Nicht jedoch der VW Golf GTI, dessen elektronisch geregelte Lamellenkupplung binnen Sekundenbruchteilen eine Sperrwirkung von bis zu 100 Prozent aufbauen kann und die Fuhre leichtfüßig ums Eck zieht.
Apropos leicht: Trotz Größenwachstum und mittelklassigem Raumangebot vorn wie hinten bleibt der VW Golf GTI als Einziger unter 1,4 Tonnen, was die Agilität ebenso beflügelt wie seine Progressivlenkung mit variabler Übersetzung. Um die Mittellage gefühlvoll und unaufgeregt, wird sie mit zunehmendem Einschlag immer direkter. Entspanntes Flanieren klappt damit ebenso gut wie zackiges Reißen. Das "Sowohl als auch" machte schon immer den Reiz eines VW Golf GTI aus. Im neuen sind die Grenzen abermals in beide Richtungen verschoben worden – mit ein Verdienst der wirkungsvollen Geräuschdämmung und des optionalen Adaptivfahrwerks, das selbst böse Frostaufbrüche entschärft, ohne schwammig zu werden. Als ob er nicht schon genug Lob bekommen hätte, erzielt der VW Golf GTI auch noch die geringsten Verbrauchswerte. BMW 125i setzt auch auf Turbo-Power
BMW-Fans lästern trotzdem "Frontschaber" und genießen die letzte1er -Generation mit Hinterradantrieb und fein austarierter Gewichtsbalance. Vorn lenken, hinten schieben – in Bayern ist die Welt noch in Ordnung. Vor allem, wenn sich der wuselige 125i mit optionaler Sportlenkung und deaktiviertem ESP zu einem verschmitzten Drift überreden lässt. Für Fahrerlebnisse bräuchte es im BMW keinen gleichnamigen Schalter – die stellen sich auf den perfekt positionierten und umfangreich einstellbaren Sportsitzen ganz von selbst ein. Dass es speziell hinten enger zugeht und großgewachsene Mitfahrer Mühe haben, ihre Beine einzusortieren, nimmt man da gern in Kauf. Die Kardanwelle muss ja irgendwo hin.
Doch die Moderne ist längst in die PS-Idylle eingedrungen, schließlich wurden die frei atmenden Sechszylinder durch aufgeladene Vierzylinder ersetzt. Bei den absoluten Fahrleistungen kann der 218PS starke Zweiliter zwar mit dem VW Golf GTI mithalten, nicht jedoch in Sachen Akustik und Elan. Ohne echten Wumms im Drehzahlkeller, wirkt der Direkteinspritzer beim Ausdrehen zugeschnürt und klingt dabei belanglos wie ein Hybrid im Rekuperationsmodus.
Da das Adaptivfahrwerk den Spagat aus Komfort und Agilität trotz steifflankiger Runflat-Bereifung ebenfalls gekonnt beherrscht, fehlt dem in der M-Version teuren und karg ausstaffierten 1er vor allem ein Motor mit mehr Flair.
A 250 mit mäßigem Komfort und guter Fahrdynamik
Endlich mit den 1er und VW Golf GTI dieser Welt um die Wette wedeln: Dafür haben die Schwaben ihre gute alte A-Klasse umgepflügt. Schwarzwald-Serpentinen statt Schwarzwälder Kirsch. Ein enger Fond, schlechte Übersicht und mäßiger Federungskomfort bleiben. Im Slalomparcours lässt sich der A 250 mit AMG-Line-Paket aber keinesfalls abhängen und landet bei den Fahreigenschaften auf Rang zwei hinter dem VW Golf GTI. Dank leichtem Untersteuern und feinen ESP-Eingriffen kommen dabei selbst weniger versierte Piloten problemlos klar. Dass die Lenkung um die Mittellage markentypisch nicht ganz so spitz anspricht, dürfte den meisten Mercedes-Fahrern recht sein, schließlich trägt sie so auf schnellen Autobahnetappen zur Entspannung bei.
Für zusätzliche Entlastung sorgt das Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe, das die Gänge schnell und deutlich ruckfreier verteilt als frühere Exemplare. Nein, wir haben bei Mercedes nicht das falsche Auto bestellt: Den kultivierten, durchzugskräftigen und sparsamen 211-PS-Benziner gibt es derzeit nur mit Automatik. Doch keine Sorge: Was der A 250 über die Getriebewertung an Punkten gewinnt, verliert er anschließend wieder bei den Kosten. Sein Testverbrauch (9,2 L/100 km) liegt dabei nur um zwei Zehntel über dem des VW Golf GTI als sparsamsten Vertreter in diesem Bunde. Seinen hohen Grundpreis rechtfertigt der Benz über die umfangreichste Sicherheitsausstattung. Angesichts von über 36.000 Euro dürften jedoch ruhig ein paar Komfortoptionen mehr an Bord sein.  Ford Focus ST hat richtig Druck
Ob es die BMW-Fahrer tröstet, dass auch bei Ford Zylinder dran glauben mussten? Während der alte ST noch lustvoll fünfzylindrig gurgelte, ist der neue Sport-Focus beim Ecoboost-Vierzylinder angekommen. Doch die Trauer hält sich hier in Grenzen, weil sein Zweiliter-Turbo mit 250PS seinen Vorgänger und die Konkurrenz überflügelt. Ein Soundkomposer, der die Passagiere mit tieffrequenten Basswellen unterhält, setzt zusätzliches Adrenalin frei.
Wach sollte der Fahrer auch sein, wenn die vollen 360Nm über die Vorderachse herfallen. Schon beim Beschleunigen auf gerader Strecke zieht der hart gefederte Viertürer an der Lenkung, in Kurven will das Gaspedal extra feinfühlig bedient werden: Zwischen haltlosem Geradeausschieben bei zu viel Gas und unvermittelten Lastwechsel-Heckschwenks verläuft ein schmaler Grat. Positiv formuliert gibt es im Ford viele Möglichkeiten, die Richtung zu ändern – auch weil die Lenkung sehr direkt ausgelegt ist.
Doch das nimmt man dem wilden und trinkfreudigen ST (10,7 Liter/100 km im Testschnitt) nicht übel, passt sein Auftritt doch zu den dickwangigen Sportsitzen, den Zusatzinstrumenten für Öl- und Ladedruck sowie der Rundumverspoilerung, mit der er seine praktische und geräumige Karosserie tarnt. In Zeiten von Zylinderabschaltung und Range Extender wirkt er damit so sympathisch gestrig wie ein Klassentreffen im Heimatdorf. Zudem überfordert er seine Käufer nicht mit endlosen Aufpreislisten: Options-Lenkung, Options-Fahrwerk, Options-Bremsen? Gibt es alles nicht, für 27.950 Euro muss man ihn nehmen, wie er ist.
Obwohl er nach Punkten Letzter wird, ist er alles andere als ein Verlierer. Doch auch A 250 und 125i haben keine Chance gegen den ausgefeilten VW Golf GTI, der den höchsten Alltagsnutzen mit spielerischer Agilität und bestem Komfort kombiniert. So wie eigentlich fast immer in den letzten 37 Jahren.

    Siehe auch:

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