Zylinderabschaltung spart Sprit

Amsterdam, 3. Juli 2012 - Den Spritverbrauch kann man mit verschiedenen Maßnahmen senken: Toyota propagiert den Hybridantrieb, Ford führt einen Ein-Liter-Benziner ein und Fiat setzt auf einen Zweizylinder. VW verwendet beim neuen Polo BlueGT eine Zylinderabschaltung. Es handelt sich um den ersten Volkswagen mit dieser Technik. Aber der Neuling soll nicht nur sparen, sondern das Beste aus zwei Welten vereinen. Schon der Name verbindet das umweltfreundliche "Blue" wird mit dem sportlichen "GT". Das Auto hat einen 140 PS starken Turbobenziner mit mächtig Bums, der zum Gasgeben einlädt. Andererseits sagen die VW-Ingenieure, dass man im Teillastbereich besonders viel Sprit spart. Sollten wir es nun richtig krachen lassen oder lieber sanft dahingleiten? Bei unserem Test der Version mit Siebengang-DSG haben wir beides getan.

Schon die dritte Version des 1.4 TSI mit 140 PS
Der große untere Lufteinlass, der Dachspoiler und der Diffusor lassen eher ans Gasgeben denken. Und die grauen 17-Zoll-Alufelgen sind schick, doch mit 15-Zöllern wäre man garantiert sparsamer unterwegs. Trotz der sportlichen Details ist der BlueGT alles andere als ein Auto für extrovertierte Boah-Ej-Typen. Für den Antrieb sorgt ein 1.4 TSI mit 140 PS. Den kenn ich doch längst, sagen Sie? Vielleicht doch nicht. Es handelt sich nämlich schon um die dritte Version des Turbobenziners. Die erste war der "Twincharger" mit doppelter Aufladung durch Turbo und Kompressor. Die zweite Variante eliminierte den Kompressor, und die dritte Version ist ebenfalls ein Monoturbo-Aggregat, aber mit Zylinderabschaltung (ACT oder Active Cylinder Management Technology). Der Vierzylinder legt im Teillastbetrieb einfach die Ventile der Zylinder zwei und drei still. Die Kolben bewegen sich weiter passiv mit, arbeiten aber nicht.

Arbeitspause für zwei Zylinder
Das spart laut VW 0,4 Liter Sprit je 100 Kilometer oder acht Prozent. Das klingt noch nicht dramatisch. Doch der Normverbrauch des BlueGT mit Siebengang-DSG liegt bei nur 4,5 Liter, und das ist nun wirklich wenig - die meisten Turbobenziner der Konkurrenz liegen mindestens einen Liter höher. Denn die VW-Sparbemühungen gehen weit über ACT hinaus. So ist der 1.4 TSI ACT um 22 Kilo leichter als das Vorgängeraggregat, sowohl die Einlass- wie die Auslassnockenwelle ist verstellbar, und auch am Thermomanagement wurde gefeilt. Schließlich helfen auch eine Start-Stopp-Automatik, eine Bremsenergierückgewinnung sowie diverse Aerodynamikmaßnahmen beim Spritsparen.
Starkes Temperament
Aber wie fährt sich der 1.4 TSI ACT in der Praxis? Schon beim ersten Beschleunigen bemerkt man das ungestüme Temperament des Motors. Auch aus dem Drehzahlkeller kommt das Auto gut heraus. 250 Newtonmeter sind schon ein Wort, und der Turbobenziner hält den Wert von 1.500 bis 3.500 Touren. Ebenfalls beeindruckend sind der Standard-Sprint in 7,9 Sekunden sowie die Höchstgeschwindigkeit von 210 km/h. Bei Tempo-100-Limit allerdings schaltet man bald den serienmäßigen Tempomaten ein. Dann erscheint im Fahrerdisplay die Anzeige "2 Zyl.-Modus", der Motor läuft auf zwei Töpfen.

Nur selten mit zwei Zylindern
Die Zylinderabschaltung ist in einem breiten Drehzahlband verfügbar - etwa von 1.400 bis 4.000 U/min. So kann man auch bei 120 km/h noch im Zweizylindermodus fahren. Dennoch ist der Sparmodus ein flüchtiger Geselle. VW erklärt: "Gibt der Fahrer kräftig Gas, schalten sich die beiden Zylinder wieder unbemerkt zu." Falsch ist das nicht, doch es geschieht schon bei äußerst sachtem Gaspedaleinsatz. Laut VW ist der Sparmodus in einem Drehmomentbereich von 25 bis 100 Newtonmeter aktiv. Das soll 70 Prozent des EU-Normzyklus abdecken. Im realen Verkehr dürfte der Modus höchstens 20 Prozent der Zeit aktiv sein. Akustik-Ästheten könnten sich an den Motorgeräuschen stören, die je nach Drehzahl verschieden ausfallen. Wichtiger ist wohl: Auf den absolvierten Testfahrten zeigte der Bordcomputer Werte zwischen 5,2 und 5,4 Liter an. Gute Werte, auch wenn schnelle Autobahnfahrten und Stadtstrecken nicht eingeschlossen waren.

Straff, aber nicht störend
Einen Beitrag zum Spritsparen leistet auch die Tieferlegung um 15 Millimeter. Sie führt zu einem etwas straffen Wesen der Federung, das allerdings nicht weiter stört. In Kurven wankt der Polo dafür kaum. Zum guten Feeling in der Biegung tragen auch die blau akzentuierten Sportsitze bei. Ansonsten ist der BlueGT so schick und praktisch wie jeder Polo: Im Fond haben auch mittelgroße Erwachsene Platz, der Kofferraum ist mit 280 bis 952 Liter ausreichend groß, aber vor allem dank Einlegeboden sehr gut nutzbar.
Ab knapp 20.000 Euro
Die Preise für den Polo BlueGT beginnen bei 19.650 Euro. Dafür erhält man den Dreitürer mit Sechsgang-Handschaltung. Zur Ausstattung zählen 17-Zoll-Alufelgen, die Optikdetails, die Tieferlegung, ein Tempomat, eine Start-Stopp-Automatik sowie die Sportsitze vorne. Selbstverständlich sind ESP sowie sechs Airbags sowie Zentralverriegelung, elektrische Fensterheber, elektrisch einstellbare Außenspiegel und Nebelscheinwerfer. Klimaanlage und CD-Radio kosten dagegen Aufpreis. Im Einzelnen ist die Serienausstattung noch nicht bekannt, denn der BlueGT ist erst ab September 2012 bestellbar und kommt im vierten Quartal zu den Händlern.
Technische DatenAntrieb    Frontantrieb
Anzahl Gänge:    7
Getriebe:    Doppelkupplungsgetriebe mit Trockenkupplungen
Motor Bauart:    Turbobenziner mit Zylinderabschaltung, Direkteinspritzung
Leistung:    103 kW (140 PS) bei 5.600 UPM
Hubraum:    1.395
Drehmoment:    250Nm bei 1.500-3.500 UPM
Anzahl Ventile:    4
Anzahl Zylinder:    4


Preis
 Neupreis: 19.650 € (Stand: Juli 2012)

Fazit
 Die Talente des BlueGT sind wahrlich verschieden. Das Temperament des 140-PS-Turbos ist umwerfend und zeigt sich bei jeder Beschleunigung - die man deshalb auch gerne auskostet. Sparsam ist das Auto aber vor allem bei sehr niedriger Last. Die Zylinderabschaltung bringt in der Praxis nur dann etwas, wenn man lange Strecken mit konstanter Geschwindigkeit fährt, am besten mit Tempomat - also nicht in der Stadt und auch nicht auf belebten Landstraßen und Autobahnen. Die Spritsparmaßnahmen gehen allerdings deutlich über die Zylinderabschaltung hinaus. Alle Modifikationen zusammen drücken den Normverbrauch auf Rekordniveau.

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